G e s c h i c h t e
 

Als Kaiser Maximilian II. im Jahre 1560 den Lehensbesitz einiger Klöster und Gemeinden im Gebiet des heutigen Praters zu einem geschlossenen, kaiserlichen Jagdgebiet vereinigte, wurde das "Grüne Lusthaus", ein Jagdhaus errichtet. 1766 machte Kaiser Josef II., den bis dahin dem Hof und Adel allein vorbehaltenen Prater öffentlich zugänglich. 1781 bis 1783 wurde das Lusthaus im Auftrag Josef II. von Isidore Canevale neu erbaut.Seit dieser Zeit ist das Lusthaus wiederholt Schauplatz großer Festlichkeiten.

Am 18. Oktober 1814, dem ersten Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, bei der Napoleon vernichtend geschlagen worden war, wurde anlässlich des Wiener Kongresses unter Mitwirkung aller in Wien versammelter Monarchen, vor allem dem Zar, Alexander von Russland, den Königen von Dänemark, Preußen, Bayern und Würtemberg, dem Kurfürst von Hessen und vielen mehr ein oppulentes Armeefest im Prater veranstaltet. 18.000 Mann Fußvolk und Reiter wurden verköstigt. Den glanzvollen Mittelpunkt bildete das Lusthaus, wo im ersten Stock die kaiserliche Familie, die hohen Souveräne, die Kron- und Erbprinzen, der Feldmarschall und Kriegsminister Fürst Schwarzenberg speisten. An der Tafel des Erzherzogs Carl im Erdgeschoss feierten die Erzherzöge, die Prinzen und andere Würdenträger.

In der langen Epoche Kaiser Franz Josef 1. war die Freudenau für den Adel und das Bürgertum das Zentrum des Pferdesports, dessen gesellschaftliches Hauptereignis das alljährliche Derby sowie der Blumenkorso waren. Hierbei war das Lusthaus Treffpunkt und Bühne des eleganten Leben Wiens und wurde vom Kaiser gerne besucht. Der Rennplatz Freudenau mit seiner Rennbahn von 2800 Metern gilt heute noch als landschaftlich schönster Rennplatz Europas. Die Hauptallee wurde auch zu Fiakerwettfahrten benutzt, wobei der bekannte Fiaker Haas - ein oftmaliger Sieger - die Strecke vom Praterstern zum Lusthaus und zurück in der Rekordzeit von 19 Minuten zurücklegte. 1903 gab es bereits ein Automobilrennen in der Hauptallee.

Der Erste Weltkrieg brachte Betriebseinschränkungen und militärische Einquartierungen mit sich. Im Lusthaus befand sich die Brückenwache, welche die Donaubrücke vor Sabotage zu schützen hatte. Das Kriegsende und der Zerfall der Monarchie brachte neben vielen sonstigen Veränderungen wie Zubau von Küche und Nebenräumen auch eine Umschichtung des Gästepublikums. In den schlechten Zwischenkriegsjahren suchten die Menschen hier Zerstreuung, es gab Barbetrieb mit Tanz und Musik. In der nahegelegenen Freudenau wurde der Poloplatz - heute Golfplatz - angelegt. 1924 wurde die Wallfahrtskirche Maria Grün errichtet, die sich in der Zwischenkriegszeit hoher Beliebtheit erfreute. Um den Gedenkstein des gefallenen Gastwirtes Franz Plankenbüchler entstand eine Waldandacht mit Hunderten an den Aubäumen befestigten Heiligenbildern. Heute dient die romantisch in einer Waldlichtung gelegene Kirche als beliebte Trauungskirche - mit anschliessendem Hochzeitsfest im benachbarten Lusthaus.

Am 17. März 1944 gab es den ersten Luftangriff. Am 15. Februar 1945 traf eine amerikanische Fliegerbombe den rückwärtigen Teil des Lusthauses, brachte den Zubau und Stiegenaufgang zum Einsturz. Bei den kämpfen zwischen der 6. Deutschen Panzerdivision und den Sowjetischen Truppen des 20. Garde Schützenkorps wurde der Rest des Lusthauses neuerdings aufs Schwerste getroffen. Das Holzschindeldach mit der verglasten Laterne wurde zerstört, Pfeiler und Balkone stürzten ein, das Innere wurde verwüstet und geplündert.

Zunächst war an einen Wiederaufbau infolge der allgemeinen Not nicht zu denken. Im zerstörten Prater - getrennt von der Stadt durch die Sprengung der Donaukanalbrücken - weidete das zusammengetriebene Vieh der Besatzungsmacht am Rennplatz. 1948 konnte die Wiederherstellung des Lusthauses nach Gestaltungsvorschlägen von Prof. Dr. Michel Engelhart und unter Aufsicht des Bundesdenkmalamtes der Wiederaufbau in Angriff genommen werden. Am 28. Oktober 1949 übergab Stadtrat Richard Nathschläger mit einem Festakt das traditionsreiche Haus der Öffentlichkeit. Der Prater obliegt einer ständigen Veränderung, das Lusthaus jedoch steht gemäss dem Wunsch Kaiser Josephs nach wie vor "jedermann offen und frey" zur Verfügung.

Intressierten empfehlen wir Erich Zinslers "Das Lusthaus im Wiener Prater", Zur Geschichte eines fast vergessenen Wiener Wahrzeichens, Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 4, 2000 Wien, welches dem oben dargestellten Inhalt als Quelle diente